Robotik in der Schule

„Wir bilden Menschen aus, die in beiden Welten zuhause sind“:

Wie können Schülerinnen und Schüler möglichst praktisch auf eine Arbeitswelt mit neuen Technologien vorbereitet werden? Wie können Lehrende neue Technologien in den Schulunterricht einbauen? Die Gewerbliche Schule Göppingen zeigt, was in vielen anderen Bildungseinrichtungen noch Zukunftsmusik ist.

Vernetzte Roboter-Schulungszellen, gekoppelte Computer-Arbeitsplätze für Programmierung und große Projektionsflächen, an denen Lehrerinnen und Lehrer präsentieren und junge Frauen und Männer an den Robotern synchron mitarbeiten: Seit dem Schuljahr 21/22 bereitet ein hochmodernes Lern-Labor Schülerinnen und Schüler der Gewerblichen Schule im baden-württembergischen Göppingen auf ein Berufsleben mit Automatisierung vor.

 

„Die GS Göppingen zählt hier zu den herausragenden Schulen, die in diesem Bereich mit derart professioneller Ausstattung und Konzepten unterrichten“, erzählt Frank Zimmermann, Business Development Manager Education bei KUKA. Automatisierung spielt gerade in Ausbildungsberufen eine wichtige Rolle. Immer mehr junge Menschen werden in ihrer Karriere mit Industrierobotern und deren Programmierung in Berührung kommen. Das haben auch Schulen erkannt und befassen sich zunehmend damit, wie diese Themen in die Lehrpläne eingeflochten werden können.

Während viele allgemeinbildende Schulen wie Gymnasien oder Realschulen Robotik aber bislang noch eher „nebenher“ vermitteln, ist es gerade bei Berufsschulen wie der GS Göppingen ein wichtiges Thema geworden, das mit viel Praxisbezug angegangen wird. Wir haben mit Joachim Heer und Franz Thaler von der Gewerblichen Schule in Göppingen über ihr modernes Lern-Labor gesprochen, warum Simulation und Spielzeugmodelle alleine oft nicht genügen und wohin die Reise in Sachen Robotik-Ausbildung geht.

 

Warum hat sich Ihre Schule für die KUKA Roboter-Ausbildungszellen entschieden?

Heer: Robotik ist ein Leuchtturm in der Automatisierungstechnik und lässt sich gerade im Unterricht sehr gewinnbringend einsetzen. Denn man sieht etwas und das ist für die Schülerinnen und Schüler sehr motivierend. Wir arbeiten an unserer Schule schon länger mit Robotern, seit 2018 sind wir dazu im Kontakt mit KUKA. Wir haben uns dafür entschieden, weil man die Zellen anschaulich im Unterricht verwenden kann und zudem viele Betriebe mit KUKA Robotern arbeiten. Das Ziel ist immer, unsere Schülerinnen, Schüler und Azubis möglichst nah an der Realität zu unterrichten. Manche machen ihr Zertifikat und es passiert oft, dass sie danach im Job direkt mit KUKA Robotern weiterarbeiten.

Würde für den Unterricht nicht auch ein günstiges, spielerisches Robotermodell genügen?

Thaler: Natürlich würde auch ein einfacher Spielzeugroboter zur Darstellung der Grundprinzipien und Kerninhalte der Robotik ausreichen. Im Bereich der Programmierung kann auch mit Spielzeugrobotern viel vermittelt werden. Aber um Inhalte wirklich gut rüberzubringen, muss man die Schülerinnen und Schüler abholen und der abstrakte Sprung, wie vom Spielzeugmodell zum echten Industrieroboter, darf nicht zu groß sein. Wir sind mit den Roboter-Zellen sehr praxisnah unterwegs, das macht die Schule attraktiv für Schülerinnen und Schüler. Und auch die Betriebe finden das sehr gut, hier haben wir wirklich eine positive Resonanz bekommen. Auch eine SPS Ausbildung ist in unserem Labor möglich. Unser Ziel ist es nämlich, einen Roboter nie allein zu betrachten, sondern immer im System mit einer Anlage.

 

Wie kommen die Zellen denn bei den Schülern an?

Thaler: Unsere Schülerinnen und Schüler finden das Lernen an realitätsnahen Systemen sehr motivierend. Natürlich würde ein 70-Kilo-Roboter noch mehr hermachen, aber auch die Zellen mit den kleinen KUKA Robotern sind sehr interessant, gerade wenn sie im Automatikmodus laufen.

 

Halten Sie es ganz allgemein für wichtig, neue Technologien in den Schulunterricht einzubauen?

Thaler: Das kommt auf den Fokus der Schule an. Für uns als gewerbliche Schule spielt immer die vollständige Handlungs-Kompetenz eine große Rolle. Uns war es stets wichtig, eine moderne Hardware zu haben, die nah an der Praxis ist. Natürlich kann ich ganz viel theoretisch an der Tafel erzählen und es macht auch Sinn, Grundkonzepte zu vermitteln. Aber wenn ich etwas praktisch umsetze, bleibt es hängen. Unsere Schülerinnen und Schüler informieren sich, suchen nach Lösungen, programmieren, simulieren und setzen das Erarbeitete am Roboter um. Nur Theorie und Simulation – da würde einfach ein entscheidender Teil fehlen.

Wäre das denn auch für allgemeinbildende Schulen ein guter Ansatz?

Heer: Ich denke auch allgemeinbildende Schulen sollten an solchen Systemen lernen und lehren. Die Themen rund um moderne Technologien erstrecken sich über Physik, Mechanik, Mathematik bis hin zu Betriebswirtschaft und Ethik. Wenn allgemeinbildende Schülerinnen und Schüler solche Roboter hätten, wäre das sicher einfacher rüberzubringen.

 

Wie wird es an Ihrer Schule weitergehen in Sachen Robotik-Ausbildung? Was ist für die Zukunft geplant?

Heer: Wir wollen das Thema Offline-Programmierung angehen und zusammen mit dem KUKA College in Augsburg den Schülerinnen und Schülern anbieten, Zertifikate zu erwerben. Und wir wollen das volle Potenzial der Zellen ausschöpfen, so haben wir bisher den Vision-Bereich noch gar nicht richtig genutzt.

Thaler: Wir arbeiten zudem daran, die Ausbildung am Roboter auf die gesamte Schule auszuweiten. Derzeit ist noch die Technikerausbildung unsere Fokus-Gruppe. Zudem wollen wir Automatisierungstechnik, Robotik und Schweißapplikationen zusammenbringen. Bisher wird noch oft zwischen SPS-Programmierung und Roboter-Programmierung unterschieden. Unser Fokus ist es, Menschen auszubilden, die in beiden Welten sicher zuhause sind.
Heer: Das sind enorm begehrte Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt, die beide Welten kennen. Und das ist unser Auftrag: junge Menschen fit zu machen, dass sie in der Zukunft gut auf dem Arbeitsmarkt bestehen können.

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